Willkommen in Bolivien – neues Land, neue Leute
Unterwegs in der Salar de Uyuni, der größten Salzpfanne der Erde
Tanken in Bolivien – eine ernst zu nehmende Herausforderung
Wir sind jetzt in Uyuni angekommen, der ersten Stadt für uns. Wir waren von Chile aus einige Tage auf der Lagunenroute auf über 4.000 Meter unterwegs. Weit ab von jeglicher Zivilisation.
Als wir am Abend in Uyuni einfahren sind wir erst mal geschockt über das Stadtbild, alles ist sehr dreckig und wenig schön anzusehen. Überall liegt Müll, die Straßen sind häufig mit Lehm verschüttet. Die Stadt wurde vor ungefähr 140 Jahren als Militärstandort gegründet.
Heute lebt die Stadt vor allem vom Tourismus. Grund dafür ist die nahegelegene Salzebene, die sogenannte Salar de Uyuni, die größte der Welt mit etwa 12.000 km² Fläche. Ansonsten gibt es hier nicht viel. Die drei weiteren Standbeine der Stadt sind der Anbau von Quinoa, die Viehzucht, vor allem Alpakas, Lamas und Schafe, und die Herstellung von Produkten aus deren Wolle.
Wir müssen uns in Uyuni erstmal bisschen von der Höhe erholen. Wir sind zwar immer noch auf knapp 3.700 Metern Höhe, aber man merkt beim Schlafen tatsächlich den Unterschied und wir sind ein bisschen erholter nach der ersten Nacht. Und dann müssen wir natürlich solche alltäglichen Sachen erledigen wie einkaufen und tanken. Der Markt in Uyuni ist ein Erlebnis für sich. Hier bekommt man alles, vor allem aber eine riesige Auswahl an frischem Obst und Gemüse, zu wirklich fairen Preisen. Diego ist wie immer ein „Hingucker“. Alle sind begeistert vom „Choco“, dem blonden Jungen. Dort, wo wir campen, findet Diego auch gleich Anschluss. Mateo ist nur 5 Wochen jünger.
Tanken ist in Bolivien übrigens ziemlich spannend. Wir haben schon öfter von Reisenden gehört, dass es als Ausländer sehr schwer ist, an Diesel, der hier immer knapp ist, zu kommen. Mit der Wahl des neuen Präsidenten vor wenigen Jahren hat sich die Situation allerdings verschärft. Die Nachfrage ist viel höher als das Angebot. Und so sieht man vor jeder Tankstelle kilometerlange Schlangen von LKWs, Bussen und Autos, die auf Diesel warten. Obwohl wir als Ausländer einen internationalen Preis zahlen, der offiziell etwa zweieinhalbmal so hoch ist wie der für Einheimische, bekommen wir nicht immer Diesel. In Uyuni haben wir Glück. Wir fragen ganz frech den Tankwart, ob wir Diesel bekommen würden und zu welchem Preis. Und siehe da. Wir dürfen direkt vorfahren und unsere Tanks komplett füllen, und das zu einem fairen Preis von umgerechnet etwa einen Euro. Wir sind total überrascht und erstmal erleichtert. Leider soll es nicht so weitergehen…
Von Uyuni aus wollen wir auf jeden Fall einen Ausflug auf die Salzebene machen, allerdings nicht mit unserem eigenen Auto. Auch wenn die Salar zur Trockenzeit sehr wenig Wasser hat, ist und bleibt sie ein Killer für jedes Auto. Wir entscheiden uns für eine geführte Tagestour. Von ein- bis viertägige Touren mit Übernachtung im Salzhotel ist alles möglich. Für uns scheint die Tagestour am passendsten mit Diego. Jede Übernachtung „auswärts“ gleicht einem Umzug. Im Camper haben wir unsere „Abendroutine“ etabliert, um ihn ins Bett zu bringen.
Zusammen mit unserem Guide und vier weiteren Touristen geht's um 10 Uhr morgens los. Unser erster Stopp ist der sogenannte Cemetario de Trenes in Uyuni - wörtlich übersetzt, ein Zugfriedhof. Hier stehen teilweise über 100 Jahre alte, ausrangierte Züge, die ursprünglich für Warentransporte ins Ausland genutzt wurden. Alles in allem ergeben sich tolle Fotokulissen.
Danach geht es weiter in Richtung Salar. Am Rande der Salzwüste besuchen wir das kleine Dorf Colchani. Dort werden allerhand lokale Produkte aus Alpaka- und Lamawolle verkauft. Außerdem lernen wir noch etwas über die Salzverarbeitung. Alles wird hier vor Ort manuell gemacht. Das Salz wird zunächst getrocknet und gesiebt, dann wird Jod zugesetzt und schließlich wird es manuell abgefüllt.
Jetzt geht es endlich los auf die Salzwüste. Wir alle müssen unsere Sonnenbrillen aufsetzen. Diego inklusive. Das ist hier Pflicht wegen der starken Reflexionen.
Wir rasen mit fast 100 km/h über die Salzebene, direkt auf das Monument der Rallye Dakar zu. Es ist dem Rennen gewidmet, das bis 2018 in Bolivien ausgetragen wurde. Wir sind ganz froh, dass wir hier nicht selbst fahren müssen, denn es ist quasi unmöglich sich zu orientieren. Ganz automatisch verliert man den Sinn für Distanzen. Es gibt keine Referenzen gibt, nur unendliche weites Weiß.
Unser Guide José erklärt uns, dass er mit Hilfe der Berge, die weit entfernt liegen, und der Wolken navigiert. Er kennt die Salar wie seine Hosentasche und macht schon seit etwa 8 Jahren Touren. Diego ist einer seiner jüngsten Kunden.
Irgendwo mitten im Nirgendwo halten wir an und es geht los zur obligatorischen Fotosession. Wie auch in den Salinas Grandes in Argentinien kann man hier tolle Fotos mit verschobener Perspektive machen. José ist natürlich ein Profi. Er hat auch entsprechende Props dabei, also Gegenstände, die er gezielt als Fotomotiv nutzt. Geschickt dirigiert er jeden von uns auf seine Position.
Diego versteht das mit dem Props nicht so ganz und spielt am liebsten mit dem Dinosaurier. Wir haben auf jeden Fall alle mega Spaß!
In der Salar gibt es auch einige Inseln. Früher waren manche davon sogar bewohnt. Wir machen Stopp an der Isla de Incahuasi, was so viel heißt wie „Haus der Inkas“. Heute ist die Insel unbewohnt. Gegen Eintritt darf man auf die kakteenbewachsene Insel und kann die grandiose Salzlandschaft von oben sehen.
Zu guter Letzt fahren wir noch zu einem etwas tiefer liegenden Teil der Salar. Hier sammelt sich auch in der Trockenzeit Regenwasser. Das heißt, man hat den größten Spiegel der Welt vor den Füssen. Eine atemberaubende Kulisse, vor allem zum Sonnenuntergang. Stilecht serviert José noch Rotwein und ein paar Häppchen.
Alles in allem ein gelungener Ausflug. der uns viele Seiten der Salar gezeigt hat. Und nach wie vor sind wir froh, dass wir hier nicht fahren mussten. Vor allem die letzte Station kann schädigend für das Auto sein, wenn das Salzwasser in den Motorraum spritzt. Die Guide fahren hier nicht ohne Grund nur im Schritttempo und waschen die Firmenfahrzeuge täglich mit Hochdruckreinigern.
Jetzt geht es für uns weiter nach Cochabamba. Wir entscheiden uns, über Sucre, der Hauptstadt Boliviens, zu fahren. Die Strecke ist angeblich landschaftlich sehr schön. Sie führt uns weiterhin über viele Hochebenen. Wir passieren auch die Bergbaustadt Potosì. Dort werden heute noch Gold, Silber und andere Mineralien abgebaut. Man kann Touren buchen, um die aktiven Minen während der Arbeitszeit zu besichtigen. Für die besonders sensationsgeilen Touristen sogar mit Live-Sprengung. Wir verzichten auf diesen Halt. Das ist uns dann doch zu voyeuristisch. Im Endeffekt ist es vor allem traurig, wie viele Kinder dort schon arbeiten. Ab 7 Jahren darf man offiziell Dynamit kaufen.
Die bolivianen Autofahrer sind übrigens echt schlimm (bisher die schlimmsten in Südamerika). Von vorausschauend keine Spur. Als Fußgänger muss man sehr aufpassen, da gibt's keine Rücksicht, auch nicht mit Baby. Die meisten schauen entweder ins Handy oder in den Coca - Beutel statt auf die Straße. Und Gehsteige sind eine Seltenheit.
Sucre überrascht uns sehr. Die Stadt ist im Gegensatz zu Uyuni sehr sauber (und hat Gehsteige :-)). Die Plätze sind picobello gepflegt. Es gibt sehr gute Cafés und auch internationale Modeketten aller Art. Leider haben wir nur etwa einen Tag, um die Stadt zu erkunden. Dann müssen wir schon weiter nach Cochabamba. Wir wollen von dort aus nach Rurrenabaque in den bolivianischen Dschungel fliegen. Dazu haben wir uns schon länger entschieden, denn die Straße dorthin soll gelinde gesagt bescheiden sein.
Mit der aktuellen Dieselsituation ist der Flug umso wertvoller. Aktuell gibt es gar kein Diesel mehr, nur noch auf dem Schwarzmarkt. Und selbst das ist fast unmöglich.
Der Hintergrund ist, dass Bolivien seit dem Regierungswechsel in 2020 seine Währungsreserven in chinesischen Yuan hält. Um Treibstoff aus den Nachbarländern, wie Brasilien oder Argentinien zu kaufen, sind allerdings Dollar nötig. So muss der Großteil des Bedarfs von Russland eingekauft und verschifft werden. Die nicht gerade guten diplomatischen Beziehungen mit Chile, wo die Schiffe anlegen, tun ihr übriges. So liegen wohl drei Tankschiffe seit mehreren Wochen im Hafen und werden nicht vom chilenischen Zoll freigegeben, da Bolivien die Umweltschutzauflagen für den Transport nicht einhält. Für das Land bedeutet die Situation, dass bei weitem zu wenig Treibstoff verfügbar ist, was den Schwarzmarkt beflügelt und zu horrenden Preisen, auch für die Einheimischen, führt. Aktuell wird der Liter etwa für das 5-fache gehandelt, Tendenz steigend. Für uns ist es einfach ein irrer Zeitaufwand und ein Glücksspiel, ob wir überhaupt an Diesel kommen.
Auf dem Weg nach Cochabamba kaufen wir von Hernán 20 L Diesel, die er uns aus seinem LKW-Tank absaugt. Schon skurril. So haben wir auch noch nie getankt, aber es sollte immer mehr zur Normalität werden. Dennoch, hilfsbereit und sehr freundlich sind die Bolivianer alle. Wir hoffen, dass sich die Situation wieder verbessert, denn wir möchten gerne noch mehr von diesem wunderschönen Land sehen.
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