Ein Erlebnisbad mitten im Dschungel - tropisches Camping und Wasserspaß im Refugio Canaã
Die Igazú Wasserfälle, ein beeindruckendes Naturschauspiel mit unvergleichbaren Dimensionen
Über Einkaufen, Reparaturen und was sonst so zum Reisealltag gehört
Unsere Take-Aways von Brasilien - Herzlichkeit, pure Lebensfreude bleiben in Erinnerung
Wir haben das Pantanal nun endgültig verlassen, waren wir doch viel länger als geplant im nördlichen Teil unterwegs. Den südlichen Zugang heben wir uns eventuell für eine Anreise von Bolivien aus im nächsten Jahr auf. Bonito lassen wir bewusst aus. Der Ort soll sehr ähnlich zu Bom Jardim sein, das wir gerade gesehen haben (>>> siehe unser letzter Blog), allerdings viel touristischer und überteuert. Auf einen Tipp von unserer brasilianischen Bekanntschaft Paulo hin, fahren wir das Refugio Canaã an. Es ist mehr als nur ein Campingplatz. Ein wunderschöner Ort mitten in der brasilianischen Serra da Bodoquena, inmitten eines grünen Tals, das der Rio Salobra durchquert. Dort wollen wir das Wochenende verbringen. Wir wissen bereits, dass ein Wochenende nicht gerade die beste Zeit ist, um auf einem brasilianischen Campingplatz Ruhe zu suchen. Aber irgendwo müssen wir ja sein und bereiten uns mental darauf vor. Als wir am Freitag Abend bei der Anreise das riesige Gelände mit nur einem brasilianischen Pärchen teilen, sind wir umso überraschter. Wir suchen uns einen schönen Platz unter einem Baum aus, mit Hängematte, Picknicktisch, Stromanschluss etc.
Die Entspannung wärt leider nicht lange. Am nächsten Morgen werden wir von Gerumpel und lauter Musik geweckt... Um halb 7, wohlgemerkt. Als wir aus unserem Schlafzimmerfenster schauen, trauen wir unseren Augen kaum. Wir sind fast zugeparkt von fünf Pickups. Die Musik dröhnt lautstark aus mehreren Lautsprechern, die Frauen schmieren Sandwiches und die Männer tragen gerade eine Gefriertruhe (echt jetzt!) von der Ladefläche. Oh mein Gott. Vorbei mit der Ruhe und Privatsphäre. Wir nutzen die letzten Minuten, bevor der Smoker vor unserer Motorhaube aufgestellt wird, um den Platz zu wechseln. Leider hilft das nur bedingt, da es auf dem Campingplatz quasi kein Entkommen gibt. An jeder Ecke hat sich ein anderer Clan ausgebreitet. Also take it easy, drink a Caipirinha and swing your booty to the music.
Der Ort ist sehr schön und absolut empfehlenswert. Der Fluss, der das Gelände durchquert, ist ein einziges Erlebnisbad. Nur eben inmitten von grünem Dschungel. Wir können uns mit Reifen die Strömung entlang treiben lassen, vom selbstgebauten Sprungbrett Saltos machen oder einfach nur in einer der Wasserhängematten abhängen. Das Highlight ist aber definitiv die "Tirolesa" - das brasilianische Wort für Seilrutsche. Die geht von einer 8m hohen Plattform aus in den Fluss, die Absprunghöhe hat man im wahrsten Sinne selbst in der Hand. Definitiv sollte man loslassen, bevor man am anderen Ufer in den Lianen landet :-) Ein Heidenspaß! Ich fühle mich wie ein kleines Kind. Um uns herum, Gelbbrustaras, Pfaue und viele andere Vögel. Es gibt auch eine schöne Aussichtsplattform, von der man einen phantastischen Blick auf das Tal und die umliegende Landschaft hat. Und das alles ist tatsächlich im (nicht überteuerten) Campingpreis inklusive. Was allerdings auch inklusive ist, ist die Live Band, die samstags bis 22 Uhr das Gelände beschallt . Aber wie gesagt, drink a Caipirinha ...
Zucker ist übrigens auch so ein Thema hier in Brasilien. Einfach alles ist ge- bzw. überzuckert. Selbst der Kaffee ist schon "vorgezuckert" und wird auch nur so ausgeschenkt. Obwohl die Brasilianer so qualitativ hochwertigen Kaffee haben, sucht man vergeblich nach Siebträgermaschinen und Röstkaffee. So schade... Im Supermarkt fängt die Fehlsteuerung der Gesellschaft schon an. Alles, was zuckrig und fett ist, sowie Fleisch, ist spottbillig und wird in allen Variationen angeboten. Die Verpackungen sind zudem irreführend. Sogar zusätzlich gezuckerte Joghurts und gesüßte Milch werden als "natural" bezeichnet, nur bei genauem Studium der Inhaltsstoffe entdeckt man die Wahrheit. Kein Wunder, dass die Mehrheit der Brasilianer übergewichtig ist.
Wir suchen bewusst nach gesunden Alternativen. Vor allem die vielfältige Obst- und Gemüseauswahl begeistert uns. Tropische Früchte, wie Mamão, Maracujá oder Drachenfrucht, die man bei uns nur selten und sehr überteuert findet, gibt es hier zuhauf. Und nicht nur im Supermarkt, sondern oft direkt vom Baum. Wir entdecken auch unzählige neue Früchte, die wir noch nie gesehen haben, z.B. die Cupuaçu, eine kakaoähnliche Frucht, die säuerlich-süßlich schmeckt und eine sehr trockenes Konsistenz hat, und den Cashewapfel (Anm. d. Red.: Die Cashewnuss, die wir in Deutschland kennen, ist der Kern, der außerhalb der eigentlichen Frucht wächst. Der Cashewapfel an sich ist sehr empfindlich und deshalb nicht für den Export geeignet. Schmeckt sehr lecker und ist total saftig.).
Generell gibt es in den meisten Supermärkten eine riesige Auswahl, die deutlich über das in Deutschland übliche Spektrum hinaus geht. Das gilt vor allem in kleineren Orten, wo es nur wenige Läden gibt. Hier hat der Dorfladen einfach alles - von Lebensmitteln und Drogerieartikeln über Schreibwaren, Batterien, Kondome, Flip-Flops, Werkzeug etc. Eben ein Allzweckladen. Auch gut für uns, um nützliche Sachen, die wir für Reparaturen benötigen, zu besorgen. Immer wieder müssen wir in unserer Wohnkabine kleben, schrauben etc. Hier ist nichts für die Ewigkeit gemacht ... Das liegt natürlich vor allem an der starken Beanspruchung durch die tägliche Nutzung und die Straßenverhältnisse. Nur ein paar Beispiele:
Haken und andere Befestigungen lösen sich immer wieder bei der Belastung und den hohen Temperaturen.
Die Abdichtungen an Fenstern und Dachluken haben dem ersten tropischen Regenguss nicht standgehalten, so dass wir mit Silikon nachbessern mussten.
Ein Kabelbruch an unserem Kühlschrank Thermostat führt dazu, dass die Solltemperatur inzwischen bei knapp 50 Grad liegt. Das ist allerdings noch nicht repariert, denn "never change a running system" :-)
Und dann sind da noch hausgemachte Probleme wie z.B. die Lüftung (die gleichzeitig unsere Standheizung ist), die sich ständig mit einer Fehlermeldung abgeschaltet hat. Es hat ein paar Stunden und viele Streitgespräche gebraucht, bis wir rausgefunden haben, dass ich (ja, ich bin schuld!) die Sauerstoffzufuhr beim Packen des Autos zugebaut habe. Ganz zu schweigen, von den zahlreichen Aufräum- und Putzaktionen, wenn wir mal wieder einen der Speedbumps zu schnell genommen haben...
Unser nächstes und vorerst letztes Ziel in Brasilien sind die Iguazú Wasserfälle. Lange haben wir überlegt, ob wir dieses UNESCO Weltnaturerbe mitnehmen. Wir sind keine Fans von massentouristischen Attraktionen und ich habe die Wasserfälle vor einigen Jahren bereits gesehen (Micha nicht). Da sie quasi auf dem Weg nach Argentinien liegen, entscheiden wir uns dafür. Die Wasserfälle kann man sowohl von der brasilianischen, als auch der argentinischen Seite besichtigen. Welche die lohnenswertere ist, da scheiden sich die Geister. Wir fahren zunächst den Nationalpark in Brasilien an. Schon bald wissen wir, warum wir so zögerlich waren. An den Eintrittskassen stehen riesige Schlangen und der Parkzugang ist über halbstündliche "Boardingzeiten" getaktet. Nun ja... dass wir nicht die Einzigen hier sind, war ja klar :-) Nach einer kurzen Busfahrt stehen wir am Rande der ersten Aussichtsplattform.
Wow! Was für ein wahnsinniger Anblick. Die Dimensionen kann man sich vorher gar nicht vorstellen. Soweit das Auge reicht, nur Wasserfälle, die sich ihren Weg durch den Dschungel und unzählige Inseln bahnen. Wir waren an einem Mittwoch dort, wo die Wasserfälle sehr viel Wasser haben, da das Wasser montags und dienstags angestaut wird. Außerdem hatte es die Tage zuvor stark geregnet. Im Nachhinein erfahren wir, dass an diesem Tag 10 mal so viel Wasser wie üblicherweise verzeichnet wurde. Laut Wemerson Augusto, dem Sprecher des Nationalparks, waren es 14,5 Millionen Liter, die das Wasserfallsystem hinabflossen, wobei es sonst "nur" 1,5 Millionen Liter sind - pro Sekunde, wohlgemerkt.
Die tiefen Abgründe der Fälle kann man durch die aufsteigenden Gischtwolken nur erahnen. Nass wird man auf jeden Fall nass, ob man will oder nicht. Entlang dem gesamten 1,5 km langen Steg nehmen die Wasserfälle einfach kein Ende. Überall bietet sich ein etwas anderer, reizvoller Blickwinkel. Wir sind begeistert von der Komposition aus üppig grünem Dschungel, der unerschöpflichen Mengen Wasser und der gewaltigen Naturschönheit. Dennoch entscheiden wir uns, die argentinische Seite nicht zu besichtigen. Wir suchen die weniger frequentierten Plätze. Unser nächstes Ziel - der Ibéra Nationalpark in Argentinien. Und damit verlassen wir nach genau 4 Wochen Brasilien mit einem weinenden Auge und viel Vorfreude!
Und was haben wir sonst so in Brasilien gelernt?
Verlass Dich auf Nichts (gutes Brot, Netzabdeckung, schnelles WLAN, ordentliche Straßen etc.), freu Dich lieber, falls es ab und zu da ist.
Das Gefährlichste hier sind nicht etwa die Kriminalität oder wilde Tiere, wie unsere Eltern befürchten. Nein, unserer Meinung nach, sind es die Straßen. Der Großteil ist in extrem schlechten Zustand, überall gibt es (oft unangekündigte) Speedbumps und riesige Schlaglöcher. Dazu kommt noch die verrückte Fahrweise der Einheimischen. Hier sind die Brasilianer alles andere als gechillt und ständig nur am Überholen. Wir haben von so vielen schlimmen Unfällen gehört... Und das zweit Gefährlichste ist die Sonne, die man bei den tropisch-feuchten Klima gerne unterschätzt. Ich war nach dem Besuch im Refugio Canaã ein Rotbauchara (im Gegensatz zum Gelbbrustara, der dort heimisch ist :-)).
Erwarte in einem fremden Land nicht, dass irgendjemand eine Fremdsprache spricht. Englisch ist absolut nicht verbreitet, auch nicht unter den Jüngeren. Aber auch wenn unsere Kommunikation sich auf ein Minimum beschränkt (da wir kein Portugiesisch sprechen), waren die Menschen, die wir getroffen haben, immer sehr offen, neugierig und herzlich. Es sei denn es ging um's 7:1 😜
Die Lebensfreude steht im Mittelpunkt. Lachen, Gemeinschaft und laute Musik gehören zum Alltag.
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