Der Perito Moreno Gletscher – die größte Natur-Sehenswürdigkeit im südlichen Patagonien?
Lässiges Flair in El Chaltén – ein Mekka für Trekking- und Kletterbegeisterte aus aller Welt
Fitz Roy und Cerro Torre – die Wahrzeichen Patagonien’s aus nächster Nähe
Die besten Blicke auf die imposanten Gipfel - der Fitz Roy Circuit macht’s möglich
Wir sind wieder in Argentinien, auf dem Weg zum Nationalpark Los Glaciares – der größten Gletscherlandschaft des Landes. Nur ein Bruchteil davon ist auf einfachem Wege zugänglich. Die großen Eismassen des patagonischen Eisfelds sind schwer, mit mühsamen, kostenintensiven Expeditionen zu erreichen. Ehrlicherweise reizt uns das schon sehr. Die Logistik ist allerdings extrem aufwändig und man kann schliesslich nicht immer Alles um jeden Preis realisieren. Wir haben zwar Ideen im Kopf, um an ein paar besondere Orte dieser atemberaubenden Landschaft zu kommen, zunächst einmal bleiben wir hier allerdings auf den Pfaden der Standardtouristen.
Der Perito Moreno ist der drittgrößte Gletscher, der zum patagonischen Eisfeld gehört, und misst circa 255 Quadratmeter, was einer Länge von rund 30 km und einer Breite von 5 km entspricht. Zu erreichen ist er relativ einfach. Mit dem Auto sind es etwa 70 km von El Calafate. Wir wollen früh morgens dran sein – einerseits, um beste Lichtverhältnisse für die Photographie zu haben, andererseits, um dem großen Touristenansturm zu entgehen. Leider öffnet der Nationalpark seine Tore erst um 8 Uhr... Pünktlich stehen wir am Eingang und erreichen als eine der ersten die Aussichtsplattformen. Es sind mehrere Wege angelegt, von denen man den kalbenden Gletscher aus unterschiedlichen Perspektiven bestaunen kann. Wir mögen beide solche Massenattraktionen gar nicht, ein bisschen fühlen wir uns an die Wasserfälle von Iguazú erinnert (>>> siehe unser Blog). Dennoch hat der „Hype“ seine Berechtigung. Der Perito Moreno ist ein imposanter Anblick – in der Sonne funkelndes Eis und die von Zeit zu Zeit in den See krachenden Eisstücke stellen ein unvergessliches Naturschauspiel dar. Die Kalbungsfront des Gletschers liegt zwischen 55 und 77 Metern über der Wasserlinie. Im Gegensatz zu fast allen anderen Gletschern in der Region zieht sich der Perito Moreno Gletscher nicht zurück, bei der Massenbilanz des riesigen Gletschers in Patagonien konnte kein entsprechender Trend festgestellt werden.
Die UNESCO hat den gesamten Nationalpark Los Glaciares als Weltnaturerbe eingestuft, doch der Perito Moreno ist mit Abstand der beliebteste Ort im Nationalpark. Das liegt vor allem an der sehr einfachen Erreichbarkeit – nach dem Motto „Aus dem Auto aussteigen und stauen“. Natürlich werden für die Touristen alle möglichen Aktivitäten angeboten. Von Bootsfahrten, über „Ice Hikes“ – alles ist dabei. Mit Sicherheit spannend, wenn man noch nie einen Fuß auf einen Gletscher gesetzt hat. Wir verzichten auf die "Tourist Naps"; lieber wollen wir einen der unzähligen unbekannteren Gletscher in der Gegend auf eigene Faust erkunden. Die eine oder andere Gelegenheit dazu wird sich noch bieten.
Auch von El Chaltén aus kann man den Nationalpark „Los Glaciares“ erkunden. Die kleine 2.000 Einwohnerstadt liegt etwa 4 Autostunden von El Calafate entfernt. Schon als wir uns dem Ort nähern, präsentiert sich der Fitz Roy auf majestätische Weise. Der 3.406 Meter hohe Granitberg ist das Wahrzeichen der Stadt. Wir wollen auf jeden Fall den sogenannten Fitz Roy Circuit wandern, ein 2-3 tägiges Trekking, das zu den markantesten Aussichtspunkten führt. Das Wetter ist nicht optimal. Niedrige Wolkendecke und immer wieder Niederschlag lassen uns den Start um einen Tag verschieben. Wir nehmen uns auf jeden Fall 3 Tage Zeit, um genug Chancen zu haben, die traumhafte Kulisse zu bestaunen. Der Trail ist sehr einfach und deshalb auch extrem beliebt. Die einzelnen Aussichtspunkte lassen sich auch als Tagestouren von El Chaltén anlaufen.
Wir starten nachmittags, die Etappe ist mit etwa 2 Stunden recht kurz. Der Weg führt uns in Richtung Cerro Torre, der zweite markante Berg in der chilenisch-argentinischen Bergkette. Mit seinen 3.133 Metern ist er aufgrund seiner steil aufragenden, glatten Granitwände, die im oberen Bereich größtenteils mit Raureifeis bedeckt sind, sowie der meist extrem widrigen Wetterbedingungen nur sehr schwer zu besteigen und gilt unter Bergsteigern als einer der schwierigsten und zugleich schönsten Gipfel der Welt. Respekt geht also an unseren Italienischen Kletter Coach Davide, der genau dies in rund 40 Stunden geschafft hat.
Wir begnügen uns mit dem Aussichtspunkt an der gleichnamigen Laguna Torre. Leider ist das Wetter nicht sehr stabil. Abends ist es total zugezogen, wir stehen im Nebel und sehen nichts. Das Camp Agostini liegt direkt neben dem Viewpoint. Der Kontrast zum Torres del Paine Nationalpark könnte nicht größer sein. Die Zeltplätze hier sind komplett kostenlos, nicht einmal der Eintritt in den Nationalpark wird kontrolliert. Wir können es gar nicht glauben, wie unterschiedlich die beiden Nationen ihre spektakulären Naturwunder „managen“ und vermarkten. Nun ja, wir beschweren uns nicht. Wir stellen unseren Wecker auf 5 Uhr morgens, in der Hoffnung, zum Sonnenaufgang bessere Sicht auf den Cerro Torre zu erhaschen. Leider werden wir wieder enttäuscht. Die besten Blicke und Aufnahmen haben wir immer noch vom Wanderparkplatz in El Chaltén bekommen – mit Micha’s Tele-Objektiv.
Im Laufe des Tages klart es auf und es wird ein sommerlicher Tag für patagonische Verhältnisse. Wandern in Shorts – das ist hier nicht so oft möglich. Der Weg führt uns entlang eines Hochtals in Richtung Fitz Roy. Es gibt zwei Aussichtspunkte, die wohl lohnenswert sind. Auch hier ist ein Zeltplatz in der Nähe, das Camp Poincenot. Nachdem wir unser Zelt aufgebaut haben, laufen wir am Spätnachmittag zur Laguna Sucia. Beziehungsweise versuchen es. Der Trail ist tatsächlich nicht ausgeschildert. Und nach etwa einer Stunde stellen wir fest, dass wir einen reißenden Gletscherfluss überqueren müssten, um voranzukommen; alternativ auf der anderen Uferseite entlanglaufen. Das vertagen wir lieber.
Micha will nach dem Abendessen "noch kurz" zu dem deutlich bekannteren Aussichtspunkt an der Laguna de los Tres. Ich bin total platt und will nur noch ins Zelt. Im Nachhinein bin ich sehr froh, nicht mitgekommen zu sein. Micha hat sich natürlich nicht über die Distanzen informiert, immerhin sind 500 Höhenmeter zu bewältigen. Er braucht dann doch eine knappe Stunde hoch, das hätte ich nicht mehr gepackt. Für Ihn lohnt sich der Abendspaziergang allerdings. Kein Mensch mehr am Aussichtspunkt um 21:30 Uhr und fantastische Blicke. Mit dem letzten Licht um 22:30 trudelt er wieder im Camp ein.
Auch am nächsten Morgen klingelt der Wecker um 5 Uhr. Wir wollen einen zweiten Anlauf zur Laguna Sucia starten. Micha entscheidet sich allerdings spontan dagegen, ihm liegt der gestrige Tag noch in den Knochen. So ziehe ich alleine los, diesmal auf der richtigen Seite des Flusses. Dennoch, man merkt, der Trail ist nicht so bekannt. Das Gelände ist unwegsam, der Pfad schwer zu finden. Dafür bin ich nach etwa 1,5 Stunden alleine am Aussichtspunkt. Unbezahlbar. Auch wenn die Blicke nicht optimal sind, so ist der Ort sehr beeindruckend. Die Lagune liegt direkt unterhalb der magischen Bergkette, die von Gletscher umgeben ist. Ringsherum speist das Schmelzwasser den türkisblauen See.
Da Micha nicht dabei war, gibt es von der Laguna Sucia nur ein Handyfoto :-)
Und so hatte jeder seinen Aussichtspunkt für sich. Gemeinsam machen wir uns auf den Rückweg nach El Chaltén. Ein einfacher 10 km langer Wanderweg führt zurück in den sympathischen Ort. Schön langsam trudeln mehr und mehr Tagestouristen auf dem Pfad ein. Wir sind froh, schon bald davon weg zu sein. Unsere nächste Wanderung in El Chaltén soll angeblich eher ein Geheimtipp sein – der 4-tägige Huemul Trek. Wir sind gespannt!
Bleibt die Frage, lieber Torres del Paine oder Los Glaciares? Aus photographischen Gesichtspunkten fanden wir Fitz Roy und Cerro Torre spannender als die Torres, das ist aber sicher auch Geschmacksache. Wer ein stark begrenztes Budget zur Verfügung hat, wird sich für Los Glaciares entscheiden, da der Torres del Paine selbst als Selbstversorger und mit Zelt deutlich teurer ist. Auch von den Menschenmassen ist der Andrang im Los Glaciares noch humaner. Warum aber entweder oder? Der Blick vom John Gardner Pass auf den Grey Gletscher im Torres del Paine gehörte auch für uns zu den absoluten Highlights in Patagonien. Wenn genug Zeit vorhanden ist, dann würde ich also sowohl Los Glaciares als auch Torres del Paine mitnehmen. >>> Hier geht's zum Torres del Paine Blog.
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