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AutorenbildMarion Marquardt

Boliviens Lagunenroute – extreme Orte, starke Menschen

Über 300 km Offroad-Strecke auf konstant über 4.000 m Höhe - ein Abenteuer, das gut geplant sein will
Extreme Kälte, herausfordernde Pisten und die Höhe haben es in sich
Die Thermas de las Polques - eine perfekte Badewanne inmitten der Hochebene
Laguna Colorada oder ein Meer aus Flamingos

Endlich geht es für uns weiter nach Bolivien. Nach mehr als 2 Wochen in San Pedro de Atacama können wir uns aufmachen. Wir haben die Schnauze voll von Werkstattaufenthalten und Städten. Uns zieht es wieder raus in die Natur und Einsamkeit. Nichts eignet sich dafür besser als die berüchtigte Lagunenroute. Dabei handelt es sich um eine etwa 300 km lange Strecke über Boliviens Altiplano, eine Hochebene mit unzähligen Lagunen. Hier soll man angeblich das ganze Jahr über Flamingos sehen, passiert Geysire und bizarre Gesteinsformationen vor einer von vulkanischer Aktivität geprägten Landschaft. Die Strecke hat allerdings auch ihre Tücken. Sie liegt konstant auf über 4.000 m, so dass man um’s Übernachten auf dieser extremen Höhe nicht herumkommt. Dazu kommt die klirrende Kälte, nachts gibt es gerne mal zweistellige Minustemperaturen, jetzt im Winter auch - 20 Grad oder mehr. Und dann kommt noch die Strecke an sich dazu. Es handelt sich meist um Sandpiste in sehr schlechtem Zustand, teilweise nur mit Allrad machbar, in absoluter Abgeschiedenheit.


Uns reizt die Route schon lange. Seit wir in Argentiniens Hochwüste, der Puna, unterwegs waren, wissen wir, dass wir so ein Abenteuer durchaus mit unserem Auto und auch mit Diego machen können. Allerdings will alles gut geplant sein. Denn ein Versäumnis kann teuer bezahlt werden. So darf die Standheizung nicht ausfallen, der Motor sollte morgens anspringen und natürlich brauchen wir genug Wasser und Verpflegung. Um die Höhe besser zu vertragen, haben wir uns langsam akklimatisiert, sprich mehrere Tage sukzessive auf höheren Orten übernachtet. Außerdem kauen wir tagsüber Coca-Blätter, morgens und abends trinken wir Coca-Tee. Das hilft, die Sauerstoffaufnahme zu verbessern und beugt so der Höhenkrankheit vor. Aber mehr als Respekt und solide Vorbereitung hilft auch nicht. Für uns wird es Zeit, dass es endlich losgeht. In Chile haben wir unsere Tanks nochmal randvoll gemacht. Denn, abgesehen von der generell katastrophalen Dieselverfügbarkeit in Bolivien, gibt es auf der Lagunenroute natürlich keine Möglichkeit zu tanken. Und auf der Höhe wird unser Auto definitiv einen viel höheren Verbrauch haben. Zusammen mit dem häufigen Einsatz des Allradantriebs, wohl fast doppelt so hoch. Gegen das Ausflocken vom Diesel bei den kalten Temperaturen haben wir 10% Benzin zugemischt. Da unser Motor keinen Turbolader hat, ist das die einzige Möglichkeit. Denn Winterdiesel gibt’s hier nicht und Additive funktionieren wohl nicht zuverlässig.


Die bolivianische Grenze liegt bereits auf über 4.000 m; ein Erlebnis für sich. Man muss klingeln und warten, bis die Grenzbeamten öffnen. Das kann dann schon mal eine halbe Stunde dauern. Die Zollbeamten sind super nett. Sie interessiert einzig die Chassis-Nummer von unserem Fahrzeug. Ob wir frische Lebensmittel dabei haben, frägt keiner. Die ganze Prozedur kostet uns etwa 3 Stunden. Wir sind reif für eine Pause, als wir durch sind. Gut, dass wir gleich an der Laguna Blanca sind. Der Name sagt alles. Von weitem sieht die Lagune komplett weiß aus, vermutlich wegen des hohen Salzgehalts. Den Weg zur Laguna Verde schenken wir uns. Diese ist jedoch auf den Luftaufnahmen gut zu erkennen.




Nach unserer Mittagspause geht es weiter in Richtung Laguna Chalviri. Dort wollen wir heute übernachten. Auch wenn es nur knapp 25 km sind, brauchen wir über 2 Stunden. Die Wellblechpiste ist sehr mühsam zu fahren; wir werden mal wieder ordentlich durchgeschüttelt. Auf dem Weg passieren wir die sogenannte Desierto de Dali, beeindruckende Gesteinsformationen aus Bimsstein.




Lagunenroute Bolivien mit Baby Kind Kleinkind
die geborenen Explorer

Kurz vor Sonnenuntergang erreichen wir dann die Laguna Chalviri, gerade noch rechtzeitig für ein paar stimmungsvolle Photos. Dort sind auch die Thermas de las Polques, natürliche Thermalquellen. Das Wasser wird unterirdisch von einem der naheliegenden Vulkane aufgewärmt und ist dort perfekt auf 38 Grad abgekühlt. Es ist sogar trinkbar, enthält weder Salz noch Schwefel. Das heißt, auch Diego kann endlich mal wieder baden. Wir heben uns das Vergnügen allerdings für den nächsten Tag zum Sonnenaufgang auf. Gut, dass uns Diego schon um 6:30 Uhr aufweckt. Denn ab 7 Uhr kommen die ganzen Guides mit ihren Touristen an, die dann 30 Minuten für ihren „morning swim“ haben. Die Wassertemperatur ist perfekt Und auch die Lufttemperatur ist okay. Wir hatten nachts kaum Minusgrade. Was für ein schöner Start in den Tag. Die Nacht war nämlich für uns beide nicht so toll. Wir haben auf 4.300 m nicht wirklich erholsam geschlafen. Micha war es nachts immer mal wieder schlecht und ich hatte das Gefühl, keine Luft zu bekommen. Alles in allem nicht verwunderlich auf der Höhe, trotz Akklimatisation. Diego hingegen hat prima geschlafen.





Nach dem morgendlichen Bad geht es weiter in Richtung Laguna Colorada, der wohl bekanntesten Lagune auf der Route. Auf dem Weg dorthin liegt das Geysirfeld Sol de Mañana, auf etwa 4.900 m, und ist damit eines der höchsten Geothermiefelder der Welt. Es ist nicht ganz so groß wie die Geysire von El Tatio, die wir erst kürzlich in Chile gesehen haben, aber nicht minder beeindruckend. Überall ist die Erde aufgerissen, Schlammtöpfe brodeln und die Geysire blasen schwefligen Rauch in die Luft. Bis dorthin war die „Straße“ ganz ok. Bis zur Laguna Colorada sind es „nur“ noch 35 km. Die Strecke ist jetzt aber so schlecht, dass wir teilweise nur noch mit 5 km/h fahren können. Wir haben Angst um unsere Stoßdämpfer. Eine Nervenprobe. Etwa 3 Stunden später sehen wir die Laguna Colorada von oben. Schnell wird klar, woher sie ihren Namen hat. Sie schimmert in unterschiedlichen Farben, vor allem aber in rot. Hier oben hat man aufgrund der kargen Landschaft wenig Gefühl für Dimensionen. Was nah aussieht, kann noch ewig weg sein. So auch die Lagune. Der Weg nach unten zieht sich. Erst gegen 16 Uhr erreichen wir den Aussichtspunkt auf der Landzunge. Der Anblick ist gigantisch. Es tummeln sich unzählige Flamingos im Wasser. Gerade jetzt gegen Abend sind die Flamingos aktiv. Ein schönes Spektakel.


Geysirfeld Sol de Mañana Lagunenroute Bolivien
Geysirfeld Sol de Mañana

Laguna Colorada Bolivien auf eigene faust
ein erster Blick auf die Laguna Colorada


Flamingo Laguna Colorada Bolivien
Flamingo im Abendlicht

Am nächsten Morgen fahren wir noch am Westufer der Lagune entlang, um ein paar andere Blicke zu bekommen. Von hier aus gibt es zwei mögliche Strecken, die uns nach Norden in Richtung Uyuni führen, anscheinend beide landschaftlich schön. Wir entscheiden uns für die westliche von beiden. Diese ist nur für Allradfahrzeuge empfohlen, dafür aber angeblich in verhältnismäßig gutem Zustand. Die andere Route würde, laut einigen Guide, unser Auto zerstören. So ist die Wahl schnell getroffen. Die Route führt uns am sogenannten Arbol de Piedra vorbei, einer vulkanischen Gesteinsformation, die wie ein Baum aussieht. In der Siloli-Wüste gibt noch mehrere solcher bizarrer Formationen. Der 7m hohe „Baum“ allerdings ist wohl am beeindruckendsten.

Laguna Colorada Bolivien von oben
Die Lagune am nächsten Morgen

Arbol de Piedra Lagunenroute Bolivien
Arbol de Piedra

Wir fahren hauptsächlich auf Sandpiste. Eigentlich ganz angenehm, nur leider gibt es sehr viele Verwerfungen, die die Fahrt echt mühsam machen. Ich bin mit den Nerven am Ende. Als Fahrer ist es super anstrengend, ständig die beste Spur zu wählen (die dann natürlich doch nicht die beste ist). Spätestens alle 2 Stunden müssen wir eine Pause machen. Diego will schließlich nicht die ganze Zeit schlafen. Und wenn er wach ist, darf er zum Beifahrer. Aber das ist ein Full-Time-Job; mehr als 30 Minuten nicht auszuhalten. Diego sitzt nämlich nicht einfach auf dem Schoss, sondern will Gänge schalten, Fenster kurbeln, das Handschuhfach ausräumen etc.


Wieder ist es später Nachmittag bis wir unser Tagesziel, die Laguna Honda, erreichen. Zwischen den Highlights auf der Strecke ist einfach „nichts“. Nur Wüste, viel offene Fläche und keinerlei Windschutz. An der Lagune parken wir etwas in der Senke, am Strand. Auch hier tummeln sich unzählige Flamingos. Und das Ganze vor einer malerischen Kulisse von hohen Bergen, die im letzten Sonnenlicht leuchten. Eine Stunde spazieren gehen und der Stress des Tages ist vergessen. Es ist zwar bitterkalt, sobald die Sonne hinter der Bergen ist, aber trotzdem tut es so gut. Diego schläft dann in der Babytrage und ich genieße die Ruhe und die spektakuläre Landschaft.


Laguna Honda und Hedionda Lagunenroute Bolivien mit Baby
Laguna Honda und Hedionda



Nun sind es nur noch 15 km bis zur „Hauptstraße“. Was das bedeutet, wissen wir nicht. In Bolivien sind angeblich nur 5% der Straßen asphaltiert. Gegen Mittag erreichen wir sie. Geteert ist sie zwar nicht, dafür aber in echt gutem Zustand, so dass wir mit etwa 60 km/h vorankommen. Und so entscheiden wir spontan, die knapp 200 km bis Uyuni weiterzufahren. Uyuni ist die nächstgrößere Stadt auf etwa 3.600 m Höhe. Zwar immer noch sehr hoch gelegen, aber alles unter 4.000 m macht unserer Erfahrung nach echt den Unterschied. Jetzt erholen wir uns erstmal von den Strapazen und verarbeiten die Eindrücke. Natürlich ist der erste echte „Kontakt“ mit der Zivilisation in Bolivien auch ein Erlebnis für uns, aber dazu im nächsten Blog mehr.

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